Sie erhalten hier einen kurzen Überblick darüber, wann Sie ein Arbeitszeugnis verlangen können, was darin stehen darf und was nicht, und Beispiele für gute und schlechte Bewertungen.
1. Wann haben Sie Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Wenn Ihr Arbeitsverhältnis – aus welchem Grund auch immer – beendet ist, haben Sie Anspruch auf ein Arbeitszeugnis (§ 630 BGB, §109 GewO). Im laufenden Arbeitsverhältnis haben Sie Anspruch auf ein Zwischenzeugnis, wenn ein guter Grund vorliegt: Das kann der Wechsel eines Vorgesetzten oder der Wechsel in eine neue Abteilung sein, Fortbildung, Beförderung, Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst, Freistellung als Betriebsrat, Erziehungsurlaub, Betriebsübergang nach § 613a BGB oder Höhergruppierung.
Ihr ehemaliger Arbeitgeber stellt Ihnen auf Wunsch ein einfaches oder sog. „qualifiziertes“ Arbeitszeugnis aus. Während das einfache Arbeitszeugnis nur Angaben dazu enthält, wie lange Sie in welcher Tätigkeit beschäftigt waren, wird im qualifizierten Zeugnis auch die Qualität Ihrer Leistung bewertet. Der Normalfall in Deutschland ist das qualifizierte Zeugnis, da es dem künftigen Arbeitgeber zumindest einen kleinen Einblick in Ihr bisheriges Arbeitsverhalten erlaubt.
2. Formalien des Arbeitszeugnisses
Ihr Arbeitszeugnis muss Ihnen schriftlich und gedruckt und auf dem Geschäftspapier ausgehändigt werden. Es muss auch unterschrieben sein und zwar entweder vom Firmenchef (z.B. Geschäftsführer, Vorstand oder Inhaber), vom Personaler oder von Ihrem unmittelbaren Vorgesetzten. Name und Position des Unterschreibenden müssen darunter in gedruckter Form angegeben sein.
Achten Sie auch darauf, dass es „ordentlich“ aussieht – das heißt, dass es nicht verknickt ist und keine Flecken aufweist aber auch dass keine Rechtschreib- oder Grammatikfehler darin sein sollten. Finden Sie dennoch Fehler, haben Sie einen Berichtigungsanspruch.
3. Spannungsfeld: Vollständig, wohlwollend und wahr!
Das Arbeitszeugnis darf keine Lücken enthalten. Das heißt, es müssen alle für die Beurteilung der Leistung und der Führung wichtigen Dinge erwähnt werden. Der Zeugnisaussteller darf nichts auslassen, was der Zeugnisleser üblicherweise erwartet. Das sind z.B. die Ehrlichkeit eines Kassierers oder das Führungsverhalten einer Führungskraft.
Das Zeugnis muss „wohlwollend“ sein, was laut der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 26.11.1963) bedeutet, dass es das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht „unnötig erschweren“ darf.
Gleichzeitig muss es wahr sein. Es muss also Umstände enthalten, die für die Beurteilung der Leistung wichtig sind und deren Kenntnis im berechtigten Interesse eines künftigen Arbeitgebers liegen. Nicht notwendig ist, dass es auf Einzelereignisse eingeht, die für das Arbeitsverhältnis nicht prägend waren.
Ein grundsätzlicher Widerspruch kann sein, dass wohlwollend und wahr nicht in jedem Fall übereinstimmen und dass es hier häufig zu unterschiedlichen Bewertungen seitens Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt.
4. Aufbau des Arbeitszeugnisses
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis hat üblicherweise den folgenden Aufbau:
- Einleitung zu Person und aktueller Tätigkeit
Das beinhaltet i.d.R. Namen, Geburtsdatum, Dauer der Tätigkeit und Position - Unternehmensbeschreibung
Das sind zumindest Name, Branche und das primäre Tätigkeitsgebiet des Unternehmens - Aufgabenbeschreibung
Hier sollten alle wichtigen bzw. dauerhaften Tätigketien aufgeführt sein. - Leistungsbewertung
Die Leistungsbewertung folgt ihrerseits einem Schema. Zunächst geht es auf die Arbeitsbereitschaft also das Wollen dann auf die Arbeitsbefähigung also das Können ein. Schließlich werden Ihr Fachwissen und Ihre Arbeitsweise sowie Ihr Arbeitserfolg bewertet. Auch Belastbarkeit und Zuverlässigkeit werden typischerweise beurteilt, Die Führungsleistung kommt – wenn es für Sie relevant war am Ende.
Ein Fehlen einer dieser Komponenten stellt üblicherweise ein „beredtes Schweigen“ dar und deutet auf mindere Leistungen in diesem Bereich hin. - Bewertung des Sozialverhaltens
Hier geht es um Ihr Verhalten gegenüber
– Vorgesetzten (intern)
– Kolleginnen und Kollegen (intern)
– Kunden und Geschäftspartner (extern)
Sie sollten hier sowohl auf Vollständigkeit und Einhaltung der Reihenfolge achten. Weil die Änderung der Reihenfolge für den Leser eine Zusatzbedeutung enthalten könnte. Steht z.B. das Verhalten gegenüber Vorgesetzten erst an zweiter Stelle, so könnte dies bedeuten, dass Ihr Verhalten diesen gegenüber nicht so gut war, wie im Umgang mit anderen Kollegen und Kolleginnen. - Grund des Ausscheidens
Grund und Art des Austritts dürfen ohne das Einverständnis oder gegen den Willen des Zeugnisempfängers aus dem Zeugnis nicht hervorgehen. - Schlussformel
Das Bundesarbeitsgericht hat geurteilt, dass trotz Üblichkeit kein Anspruch auf eine Schlussformel besteht, die Worte des Dankes und Bedauerns enthält, Die Schlussformel, so das Bundesarbeitsgericht, betrifft weder Führung noch Leistung und gehört nicht zu dem gesetzlich bestimmten Mindestinhalt des Arbeitszeugnisses.
Dennoch sollten Sie wenn möglich darauf bestehen, denn das „Bedauern“ ist nach wie vor eine Empfehlung für jeden Arbeitnehmer und das Weglassen ist als unüblich anzusehen.
5. Was NICHT im Zeugnis stehen darf
Sie sollten auch eine Korrektur Ihres Arbeitszeugnisses verlangen, wenn es Sachverhalte enthält, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit Ihrer Arbeitstätigkeit stehen:
- Außerdienstliches Verhalten, Vorkommnisse aus dem Privatleben
- Schwangerschaft, Mutterschutz
- Nebentätigkeit
- Betriebsratstätigkeit (Ausnahme: Freistellung länger als ein Jahr)
- Gewerkschaftszugehörigkeit
- Parteimitgliedschaft
- Schwerbehinderteneigenschaft
- Gesundheitszustand (Ausnahme: Eine akute Gefährdung Dritter ist ernsthaft zu befürchten.)
- Anzahl Krankentage (Ausnahme: Die Fehlzeiten sind im Verhältnis zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses beträchtlich.)
- Straftaten, wenn sie nicht unmittelbar das Arbeitsverhältnis berühren
- Verdacht auf strafbare Handlungen
- Streik und Aussperrung
- Wettbewerbsverbote
6. Zeugnissprache – der Code
Es ist ein offenes Geheimnis, dass bestimmte Formulierungen im Arbeitszeugnis eine Bewertung enthalten die eine Zuordnung zu einem Schulnotensystem ermöglicht.
Hier sind ein paar Beispiele für häufig verwendete Formulierungen: Es gibt sie jedoch in vielen Varianten und hier ist bei der Interpretation Vorsicht geboten:
1. Arbeitsbereitschaft:
sehr gut: „… zeigte stets außerordentliche Eigeninitiative und großes Engagement.“
gut: „… zeigte stets große Initiative und Engagement.“
befriedigend: „… zeigte stets Initiative und Engagement.“
ausreichend: „… zeigte Engagement in ausreichendem Maße.“ oder “ … war fleißig.“
mangelhaft: „… zeigte bei Anleitung Fleiß.“ oder „…zeigte sich größtenteils fleißig.“
2. Arbeitsbefähigung
sehr gut: „Neuen Arbeitssituationen begegnete er / sie sehr souverän und stets aufgeschlossen.“
gut: „Neue Arbeitssituationen bewältigte er / sie stets gut.“
befriedigend: „Neue Arbeitssituationen bewältigte er / sie erfolgreich.“
ausreichend: „Die Anpassung an neue Arbeitssituationen erfolgte im geforderten Maße.“
mangelhaft: „Das Einfinden in neue Arbeitssituationen verlief größtenteils problemlos.“
3. Arbeitsweise
sehr gut: „Alle Aufgaben wurden von ihm / ihr selbstständig, mit großer Genauigkeit und äußerster Sorgfalt erledigt.“
gut: „Er / Sie erledigte seine / ihre Aufgaben mit äußerster Sorgfalt, Genauigkeit und stets selbstständig.“
befriedigend: „Seine / Ihre Aufgaben erledigte er / sie schnell und zufriedenstellend.“
ausreichend: „Der Mitarbeiter / Die Mitarbeiterin versuchte die ihm / ihr aufgetragenen Aufgaben schnell zu erledigen.“
4. Arbeitserfolg
sehr gut: „Herr / Frau XY zeigte stets herausragende Arbeitsergebnisse.“
gut: „Ihre / Seine Arbeit war jederzeit von sehr guter Qualität.“
befriedigend: „Die von Herr / Frau XY erbrachte Arbeitsqualität war überdurchschnittlich.“
ausreichend: „Die erbrachte Arbeitsqualität entsprach unseren Erwartungen.“
mangelhaft: „Im Großen und Ganzen entsprach die Arbeitsqualität unseren Erwartungen.“
5. Gesamtleistung
sehr gut: „Die ihm übertragenen Aufgaben erfüllte XY stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.“
gut: „XY war ein wertvoller Mitarbeiter und erfüllte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“
befriedigend: „XYs Leistungen stellten uns jederzeit zufrieden.“
ausreichend: „Alle XY zugetragenen Aufgaben wurden ordnungsgemäß erledigt.“
mangelhaft: „XYs Leistungen haben unseren Erwartungen im Großen und Ganzen entsprochen.“
6. Sozialverhalten
sehr gut: „Im Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Kolleginnen sowie Kunden war Frau Muster jederzeit vorbildlich, freundlich und zuvorkommend.“
gut: „Im Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war er / sie stets vorbildlich.“
befriedigend: „Der Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war vorbildlich.“
ausreichend: „An seinem / ihrem Verhalten gegenüber Kollegen war nichts zu beanstanden.“
mangelhaft: „Sein / Ihr Verhalten gegenüber Kollegen war insgesamt angemessen.“
7. Wie gut oder schlecht darf Ihr Arbeitgeber Sie im Arbeitszeugnis bewerten?
Zuerst einmal: Die Bewertung liegt natürlich ein Stück weit im Auge des Betrachters. Ich Chef kann mit Ihnen gerechtfertigt oder ungerechtfertigt zufrieden oder unzufrieden sein. Es ist also nur schwer möglich, jemandem hier eine Lüge vorzuwerfen.
Bezüglich der Note im Arbeitszeugnis gilt: Sie haben einen Anspruch auf eine befriedigende Bewertung in Ihrem Arbeitszeugnis. Wollen Sie eine bessere Note im Zeugnis haben und es kommt zu einem Streit hierüber, sind Sie verpflichtet nachzuweisen, dass Sie besser waren. Das lässt sich z.B. über (dokumentierte!) Zielerreichungsgespräche, Vergabe von Leistungsprämien und andere Unterlagen erreichen. Anders herum gilt: Will Ihr ehemaliger Arbeitgeber Ihnen eine ausreichende oder nur mangelhafte Arbeitsleistung attestieren, so ist muss er beweisen, dass Sie schlechter waren als „befriedigend“.