Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen das Gehalt nicht zahlt, ist das für Sie sofort ein Problem. Schließlich hat jeder laufende Kosten für Wohnen und den Lebensunterhalt. Ich gebe Ihnen hier eine kurze Anleitung an die Hand, die Ihne hilft an Ihr Geld zu kommen:
1. Ihr Arbeitgeber ist in Verzug
Ihr Arbeitgeber ist sofort in Verzug, wenn er nicht zahlt: Denn für die Leistung ist ein Datum bestimmt. Das bedeutet, dass er Ihnen ab diesem Datum auch zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist. Wenn Sie also Überziehungszinsen auf Ihrem Girokonto zahlen müssen oder Ihnen gar ein Darlehen gekündigt wird, haftet Ihr Arbeitgeber für diesen Schaden (§ 280, § 288 Abs.4 BGB). Außerdem schuldet er Ihnen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr (§ 280 Abs. 1 BGB).
2. Schreiben Sie eine Mahnung
Wichtig ist, dass Sie trotzdem eine schriftliche Mahnung (E-Mail oder Fax genügt) an Ihren Arbeitgeber schicken, wenn er nicht gezahlt hat. Diese Mahnung erfüllt zwei Zwecke:
- Zum einen enthalten Arbeits- bzw. Tarifverträge oft sogenannte „Ausschlussklauseln“. Das heißt, man muss seine Forderungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes geltend machen, sonst verfallen sie. Wie lang der Zeitraum ist, ergibt sich aus Ihrem Arbeitsvertrag bzw. aus dem auf Ihr Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag. Häufige Zeiträume sind zwei, drei oder sechs Monate.
- Zum anderen müssen Sie Ihren Arbeitgeber abgemahnt haben, wenn Sie nach zwei aufeinanderfolgenden Monaten ohne Gehalt fristlos kündigen wollen.
Die Mahnung ist keine zwingende Voraussetzung für eine Lohnklage. Diese kann auch ohne vorhergehende Mahnung erhoben werden (s.u. Nr. 6).
3. Zurückbehaltung oder Kündigung?
Wenn Ihr Arbeitgeber häufiger als zweimal hintereinander nicht zahlt, können Sie von Ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen, oder wenn Sie zusätzlich eine Abmahnung ausgesprochen haben, fristlos kündigen.
Bei einer Kündigung endet das Arbeitsverhältnis. Üben Sie Ihr Zurückbehaltungsrecht aus, verweigern Sie Ihre Arbeitsleistung, Ihr Arbeitgeber bleibt aber zur Zahlung Ihres Arbeitsentgelts verpflichtet. Schadensersatzpflichtig ist er auch im Fall der Kündigung, da er gem. § 628 Abs. 2 BGB den sog. Verfrühungsschaden zahlen muss. Dieser umfasst den Lohnverlust für die Kündigungsfrist und bei unter das Kündigungsschutzgesetz fallenden Arbeitsverhältnissen sogar eine Abfindung entsprechend §§ 9 und 10 KSchG
Welches die bessere Option ist, hängt von vielen Umständen ab. Sie müssen aber nicht kündigen, um Arbeitslosengeld zu bekommen (s.u. Nr. 4). Greifen Sie also nicht vorschnell zur Kündigung, sondern lassen Sie sich anwaltlich beraten, was die besten Schritte sind.
4. Gehen Sie zum Arbeitsamt
Erhalten Sie kein Arbeitsentgelt, können Sie Arbeitslosengeld beantragen, auch wenn Sie faktisch noch in einem Arbeitsverhältnis stehen. Sie müssen dazu Ihr Arbeitsverhältnis nicht kündigen, allerdings müssen Sie der Agentur für Arbeit beweisen, dass kein Lohn gezahlt wurde (z.B. mit Ihren Kontoauszügen) UND dass sie faktisch arbeitslos (also ohne Arbeit) sind, weil Sie von Ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht haben oder weil Sie von Ihrem Arbeitgeber nicht mehr eingesetzt werden.
Gemäß § 157 Abs. 1 SGB III ruht zwar der Anspruch auf Arbeitslosengeld, solange Sie Arbeitsentgelt erhalten oder beanspruchen. § 157 Abs.3 Satz 1 SGB III enthält dazu jedoch eine Ausnahme, nach der Sie dennoch Arbeitslosengeld bekommen können, wenn Sie tatsächlich Ihr keinen Lohn bekommen.
Zahlt der Arbeitgeber den Lohn nach, muss das Geld an die Arbeitsagentur zurückgezahlt werden. Dafür sorgt die Agentur für Arbeit selbst, da Ihre Gehaltsforderung zu dem Teil, der Ihnen als Arbeitslosengeld gewährt worden ist auf die Agentur für Arbeit übergeht. Allerdings trägt die Agentur für Arbeit für diesen Teil dann auch das Risiko, dass der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist.
5. Muss ich Stundungen /Gehaltsreduzierungen / Gehaltsverzicht akzeptieren?
Nein, das müssen Sie nicht – und erst recht nicht ohne reifliche Überlegung und die notwendige Zeit dazu.
Die reifliche Überlegung dazu, welche Schritte für Sie am besten sind, wenn Ihr Arbeitgeber nicht zahlt, sollte die wirtschaftliche Gesamtsituation Ihres Arbeitgebers beinhalten:
- Ist die Zahlungsunfähigkeit wirklich vorübergehend, oder
- gibt es Grund zur Annahme, dass das es keine weiteren Aufträge für Ihr Unternehmen gibt?
- Ferner sollten Sie sich durchrechnen, wieviel Geld Sie und Ihre Familie zum Leben brauchen und
- ob bzw. auf wieviel Gehalt Sie wirklich verzichten können.
Von den oben genannten Möglichkeiten ist für Sie die Stundung die beste Variante. Damit verzichten Sie nicht auf Gehalt, sondern geben Ihrem Arbeitgeber nur länger Zeit, die notwendige Liquidität wiederherzustellen. Diese sollten Sie unbedingt schriftlich und mit einer klar bestimmten Dauer vereinbaren.
Bei einem Gehaltsverzicht (also der Aufgabe von Ansprüchen für die Vergangenheit) oder einer Gehaltsreduzierung für die Zukunft müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass dies Ihre Ansprüche auf Arbeitslosen- bzw. Insolvenzgeld anteilig verringert.
6. Lohnklage erheben
Zahlt Ihr Arbeitgeber fortgesetzt nicht, empfiehlt sich der Gang zum Arbeitsgericht. Sie sollten nicht zu lange warten – insbesondere müssen Sie beachten, ob Ihr Vertrag eine zweistufige Ausschlussfrist vorsieht und dann innerhalb dieser Frist Klage erheben.
Die Lohnklage können Sie selbst beim Arbeitsgericht erheben – Sie brauchen dafür nicht unbedingt einen Anwalt. Es gibt aber Dinge, die Sie beachten sollten:
- Klagen Sie den Bruttolohn und nicht den Nettolohn ein!
- Machen Sie die Verzugszinsen auf den Bruttolohn (in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz) ab dem Zeitpunkt der ersten Nichtzahlung geltend!
7. Insolvenzantrag?
Wenn Ihr Arbeitgeber nicht zahlt, scheint es auf den ersten Blick erscheint es eine gute Variante einen Insolvenzantrag zu stellen: Denn dann können Sie Insolvenzgeld bekommen und dies wird in Höhe des vollen Nettoentgeltes gewährt und nicht nur in Höhe des geringeren Arbeitslosengeldes. Allerdings trägt der Antragssteller die Gerichtskosten und Auslagen des Insolvenzverfahrens § 54 InsO. Das sind Gerichtskosten, Sachverständigenkosten und Kosten für den (vorläufigen) Insolvenzverwalter. Damit lohnt es sich für den einzelnen Arbeitnehmer in der Regel nicht, den Insolvenzantrag zu stellen.