Ausschlussklauseln bzw. Verfallsfristen im Arbeitsvertrag können eine gemeine Sache sein, wenn man sich nicht über ihre Existenz bewusst ist. Deswegen schauen Sie sich Ihren Arbeitsvertrag gründlich an!
Haben Sie es dennoch einmal versäumt, prüfen Sie, ob Ihre Klausel unwirksam ist:
Wie sieht so eine Ausschlussklausel aus?
Meistens haben Ausschlussklauseln in etwa folgenden Wortlaut: „Die gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen, wenn Sie nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden.“ Darauf folgt häufig: „Ausgenommen hiervon sind Ansprüche aus X, Y und Z.“
Was sind die Folgen einer wirksamen Ausschlussklausel?
Eine wirksame Ausschlussklausel führt relativ frühzeitig dazu, dass Ansprüche verfallen und nicht mehr durchgesetzt werden können. Das kann bereits nach Ablauf von drei Monaten der Fall sein. Im Vergleich zur üblichen Verjährungsfrist von drei Jahren ist dies natürlich um ein Vielfaches kürzer.
Wann sind Ausschlussklauseln unwirksam?
Es gibt mehrere Gründe, aus denen Ausschlussklauseln unwirksam sein können. Hier folgt eine Aufzählung der wichtigsten:
- Die Ausschlussfrist muss für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen gelten BAG Urteil vom 21. Juni 2011 zum Az.: 9 AZR 203/10).
- Die Frist ab Fälligkeit des Anspruchs muss mindestens drei Monate betragen. Eine kürzere Frist ist unangemessen (BAG Urteil vom 28. September 2005 zum Az.: 5 AZR 52/05).
Bei einer zweistufigen Verfallsfrist ist der dreimonatige Zeitraum sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten Stufe der Ausschlussfrist einzuhalten. - Die Ausschlussklausel darf nicht an versteckter Stelle stehen (z.B. unter der Überschrift „Sonstiges“ oder „Schlussbestimmungen“) sonst sind sie als „überraschende Klauseln“ unwirksam (BAG Urteil vom 31. August 2005 zum Az.: 5 AZR 545/04).
- Verfallsfristen müssen klar und verständlich formuliert sein, sonst sind sie nicht „transparent“ und damit unwirksam. Das bedeutet unter anderem, dass der Hinweis auf den Verfall der Ansprüche erforderlich ist (BAG Urteil vom 31. August 2005 zum Az.: 5 AZR 545/04).
- Seit dem 01.01.2015 darf sich die Ausschlussfrist nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn beziehen. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei entschieden, dass die Klausel insgesamt nichtig ist und nicht nur in Bezug auf den Mindestlohn (Urteil vom 18. September 2018 zum Az.: 9 AZR 162/18).
- Es darf keine strengere Form als die Textform verlangt werden. Das ist z.B. der Fall, wenn die Klausel verlangt, dass die Ansprüche schriftlich geltend zu machen sind. Aber Achtung: Dies gilt nur für Verträge mit Abschluss ab dem 01.10.2016.
- Die Ausschlussfrist darf sich nicht auf Ansprüche wegen der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung beziehen lassen (BAG Urteil vom 28. September 2017 zum Az.: 8 AZR 67/15). Steht diese Ausnahme nicht explizit im Vertrag, kann die Ausschlussfrist unwirksam sein.
Aber Achtung: Dies ist nur dann unzweifelhaft der Fall, wenn die Ausschlussklausel „weit gefasst“ ist. Das vorstehende Urteil bezieht sich auf eine Klausel mit dem Wortlaut: „Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen (…)“
Grundsätzlich sollten alle Verträge, die nach dem Entscheidungsdatum geschlossen worden sind, ebenfalls die explizite Ausnahme enthalten.
Was gilt, wenn ich einen älteren Arbeitsvertrag habe?
Die Klauseln aus Altverträgen sind wirksam, auch wenn entgegen der heutigen Rechtslage Schriftform gefordert oder die Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz unerwähnt geblieben sind. Dies führt zum Verfall Ihrer Ansprüche. Aber aufgepasst: Sollte nach dem 01.01.2015 bzw. dem 01.10.2016 eine Vertragsanpassung stattgefunden haben (Gehalt, Stunden, Tätigkeit, etc.) und diese enthält den Zusatz „Alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag bleiben unberührt.“, dann ist auf das Datum der Vertragsänderung abzustellen und entsprechenden Altklauseln werden unwirksam (BAG Urteil vom 18. September 2018 zum Az.: 9 AZR 162/18).
Kann die Ausschlussfrist auch im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung enthalten sein?
Ja! Tarifliche Ausschlussfristen sind üblich und für diese gelten die meisten der o.g. Unwirksamkeitsgründe nicht. Ausschlussfristen in Betriebsvereinbarungen sind ebenfalls zulässig, diese dürfen sich aber nur auf Ansprüche aus eben dieser Betriebsvereinbarung beziehen.
Wie mache ich meine Ansprüche richtig geltend?
Hier sind die wichtigsten Grundsätze zu einer ordnungsgemäßen Geltendmachung Ihrer Ansprüche:
- Achten Sie auf den Fristbeginn der Ausschlussklausel
Dies ist häufig mit der Fälligkeit des Anspruchs verknüpft, also damit wann z.B. eine Zahlung hätte erfolgen müssen. - Achten Sie auf die richtige Form
In Verträgen, die vor dem 01.10.2016 geschlossen worden sind, ist die Vereinbarung der Schriftform wirksam. Sie müssen daher ein physisches Schreiben (also einen Brief) nachweisbar innerhalb der Frist an ihren Arbeitgeber übergeben haben.
Für neuere Verträge reicht auch eine E-Mail, oder ein Fax. Bei beidem müssen Sie jedoch nachweisen, dass der Arbeitgeber die Nachricht auch erhalten hat. - Beziffern Sie Ihre Forderung, wenn es sich um eine Geldforderung handelt.
Sie müssen den Anspruch, den Sie geltend machen zumindest ungefähr beziffern, da ihrem Arbeitgeber klar sein muss, was Sie von ihm fordern. - Zugang beweisbar gestalten
Denken Sie daran, dass Sie wenn es zu einem Streit kommt, Sie beweisen müssen, dass Ihre Forderung beim Arbeitgeber eingegangen ist.